Stand: 30.10.2021, Korrekturlesung 17.06.2023

 
 Reisebericht unserer
 55.USA-Tour im Frühjahr 2020

1.Wohnmobil-Tour in Deutschland
(Oktober 2020):



Happy Germany*

Dann eben so!
 
Köln - Boppard - Zugspitze - Königsbrunn - Koblenz - Köln
Hier entsteht in der kommenden Zeit unser Reisebericht:

*Wie kommen wir zu diesem Titel? Zunächst muss erklärt werden, dass der Entschluss, mit dem Wohnmobil durch Deutschland zu fahren, der derzeitigen Situation geschuldet war und sich für unsere Verhältnisse recht spontan ergab. Der Untertitel "Dann eben so!" stand schon länger fest. Zwei oder drei Wochen vor Beginn der Tour machten wir in unserer Nähe eine Wanderung und stießen als Ausgangspunkt eines Hikes in Bad Godesberg auf den Fabrikverkauf von Haribo. Die Tüte "Happy Germany" hat es uns angetan und somit stand der Titel fest.
Coronabedingt liegen aufregende und völlig unvorhersehbare Zeiten hinter uns und ich befürchte - auch noch vor uns.
Auch was unsere üblichen Reisen angeht hat sich das Jahr völlig anders entwickelt als geplant, aber das ist im Vergleich zu der Tragik, die andere seit März des Jahres erleben mussten, völlig nebensächlich.

Aber erzählen wollen wir unsere Geschichte dennoch: Seit letztem Jahr hatten wir den Frühjahrstripp in die USA geplant. Gefreut hatten wir uns auch auf den Rückflug im April, denn aufgrund eines guten Angebots sollte der wieder in der Business-Class einer 747 stattfinden.
Knapp zwei Wochen vor dem Reisebeginn hörten wir dann in den frühen Morgenstunden vom Einreiseverbot, das die Amerikaner ausgesprochen hatten.

Unsere Buchung(en) wollte ich dann -in voller Naivität hinsichtlich der Entwicklung- zunächst auf Ende Juni verschieben. Anita, einen Hauch weniger naiv,  sah die Situation etwas kritischer und empfahl, lieber auf den Zeitraum unserer zweiten USA-Reise umzubuchen, nämlich Ende September, also jetzt.
Wir beobachteten die weltweite Entwicklung und stornierten dann vorsichtshalber auch den Flug im September. Denn selbst, wenn das Einreiseverbot aufgehoben werden würde, waren uns die Infektionszahlen in den USA und die Vorstellung, 11 Stunden mit Maske zu fliegen, zuwider.

Stattdessen buchten wir eine Woche Holland und anschließend eine gute Woche Spanien. Ich wollte Anita schon immer zeigen, wo ich als Kind mit meinen Eltern häufiger den Urlaub verbracht hatte.
Zwei Tage nach unserer Buchung -und das ist jetzt wirklich kein Scherz- wurde für die Region eine Reisewarnung ausgesprochen. Also mussten wir auch Spanien stornieren.

Und dann tat sich die Frage auf, was wir stattdessen machen möchten. Schnell entwickelte sich die Idee, auch einmal in Deutschland mit einem Wohnmobil zu reisen.
Wir wussten sehr wohl um den Boom, den die Wohnmobilbranche und Campingplätze in diesem Jahr erleben, und dennoch haben wir es probiert.

Gleich vorweg: Das Finden und Buchen von Campingplätzen erwies sich als weniger schwierig als erwartet. Die Herausforderung war jedoch, ein passendes und bezahlbares Wohnmobil aufzutun.

Unsere Vorstellung: Kleiner als unsere üblichen Wohnmobile in den USA aber dennoch komfortabel und vor allem mit feststehendem Bett.

Wir wurden fündig: Ein ordentliches Fahrzeug, vollintegriert, feststehendes Bett mit Umlauf. Mit 7,60Metern Länge gerade noch, was wir in Deutschland und den engeren Straßen bewegen wollen.

Die Ernüchterung folgte nur wenige Stunden nach der Reservierung/Buchung. Dieses Modell ist ausgebucht.
Stattdessen wurde uns nur ein Alternativ-Fahrzeug angeboten und auch das gab es nur noch ein Mal bei Köln und ein weiteres in Dortmund.

Uns blieb nicht viel übrig, als auf dieses Modell umzusteigen. Nun soll es ein nichtintegriertes Wohnmobil mit fast neun Metern Länge werden. Im Internet spricht man bei dem Modell von einem "Raumwunder". Wir werden berichten.

Und jetzt noch die Frage, wie wir zu unserer Tour gekommen sind: Wir haben überlegt, wo wir noch nie waren und immer schon mal hin wollten und es sollte möglichst der Süden sein. So haben wir eine Route erstellt, die uns als Höhepunkt zum Rheinfall zu Schaffhausen bringen sollte. Da wollten wir schon immer mal hin.

Und dann erhielt ich eine Urlaubskarte einer ehemaligen Mitarbeiterin mit Grüßen von der Zugspitze. Vielen Dank Frau F.

Das war es: Da wollten wir und insbesondere ich schon immer mal hin. Allerdings hätte ich die Zugspitze gerne erwandert, aber da kann im Oktober nicht mehr die Rede von sein.

Und somit hat Anita angefangen die Campingplätze zu buchen. Denn wir gehen mal davon aus, dass es hier in Deutschland nicht so leicht sein wird, spontan einen Campingplatz zu finden im Gegensatz zu den USA.

Und so werden wir neues Terrain beschreiten. Und wenn USA im Moment nicht geht, dann eben mal so: Happy Germany.
 
02.Oktober 2020: NL - Köln - Campingplatz Sonneneck (Boppard)
Wie bereits berichtet verbringen wir seit paar Tagen unseren Urlaub in Holland bzw. im CenterParcs Het Hejderbos. Das ist der Tatsache geschuldet, dass wir unseren vorgesehenen USA-Urlaub bereits vor einiger Zeit storniert hatten und uns nach einer relativ Corona-sicheren Alternative umgesehen hatten.

Noch vor 9:00 Uhr verlassen wir unseren Bungalow. Professionell wie sonst auch in Amerika haben wir am Vorabend schon alles sortiert nach a) bleibt in Köln und b) wird auf die Tour mitgenommen.

In Köln angekommen gehen wir erst noch Lebensmittel einkaufen. Weshalb?

Leider können wir unseren Camper erst um 15:30 Uhr in Kerpen übernehmen, d.h. einschl. einer etwa einstündigen Einführung kommen wir erst gegen 16:30 Uhr los, müssen dann nach Köln, den Wagen einräumen und müssten dann erst noch einkaufen. Dabei hatten wir im Vorfeld bereits einen Supermarkt ausgespäht, der einen genügend großen Parkplatz für unseren Bus hat.

Also konkret: Wir fahren in Köln einkaufen und dann geht es mit dem ersten kleinen Gepäck in unserem Smart nach Kerpen. Die Übergabe ist sehr freundlich.

Die Frage, ob wir uns mit Wohnmobilen auskennen, müssen wir mit einem klaren "Jein" beantworten. Zwar haben wir jetzt schon ein paar Jahre WoMo-Erfahrung, allerdings nur mit amerikanischen. Der große Unterschied ist, und da haben wir nur Erfahrungen von YouTube, das Abwassersystem. Bei den amerikanischen Wohnmobilen gibt es unten am Wohnmobil einen gemeinsamen Auslass  und über zwei getrennte Ventile für sog. Greywater (Abwasser aus Küche, Dusche und Wachbecken) und Blackwater (Abwasser aus der Toilette) gelangt beides über einen Schlauch in das Loch einer Dumpingstation.

In Deutschland (und vielleicht auch in ganz Europa?) werden die Abwässer streng getrennt. Das Greywater wird über ein Ventil entsorgt, wobei man den Wagen einfach über einen Gulli fährt. Das Blackwater wird jedoch in Kassetten aufgefangen und die müssen auf Toiletten entleert werden.

Nach gut einer halben Stunde, also deutlich schneller als kalkuliert, sind wir eingewiesen und verlassen den Hof des Vermieters in Richtung Zuhause. Dort haben wir alles Material in großen Taschen verstaut, die darauf warten, ins WoMo getragen zu werden.

Ein großes Problem: Mit einem fast neun Meter langen Gefährt in der Innenstadt einer Großstadt eine Parkmöglichkeit zu finden. Also parken wir in der Nähe und müssen etwas laufen.

Beim Anblick der 10 großen Taschen wird mir schon etwas schwindelig: Nehmen wir in den USA auch soviel mit auf Tour?
Vermutlich deutlich mehr, aber dort tragen oder fahren wir alles Equipment vom Storage in kleinen Happen nach unten und es kommt uns nicht so viel vor.

Gegen 17:00 Uhr ist alles verstaut, was ich jetzt sofort wieder revidieren muss.
Es ist alles an Board aber nicht wirklich verstaut sondern alle Taschen stehen noch gepackt rum.

Wir nehmen uns vor, auf der Tour einen kleinen Videoclip zu erstellen und zwar nicht über dieses Wohnmobil im Speziellen (dazu gibt es gute Clips, die sicherlich besser sind als wir sie machen könnten) sondern über den Unterschied, den wir jetzt im Vergleich zu den vielen USA-Campern erleben.

Der erste Eindruck schon mal vorweg: Ist er besser als ein USA-Camper?
Die Antwort ist ein klares "Jein!"

Bis 19:00 Uhr ist die Rezeption des Campingplatzes "Sonneneck" bei Boppard besetzt und es zeichnet sich schon ab, dass wir bis dahin nicht eintreffen werden.

Telefonisch kündigen wir, wie bei der Reservierung vereinbart, unsere Verspätung an. Etwa gegen 19:30Uhr erreichen wir den Campingplatz und wie man uns am Telefon sagte, fahren wir an der Rezeption rechts daran vorbei und dann Richtung Rhein bis zur Campsite 16. Jetzt ist mit der amerikanische Begriff rausgerutscht, es heißt natürlich "Stellplatz 16".

Vor uns steht ein Wohnmobil und hinter uns ein Wohnwagen, so dass wir etwas rangieren müssen um genau in die Lücke zu passen.
Tja, amerikanische Campingplätze sehen in der Regel anders aus und bieten deutlich mehr Platz, von den kommerziellen KOA-Plätzen mal abgesehen.
 
Dafür ist der Stellplatz bzw. der Ausblick kaum zu überbieten. Mit der Längsseite stehen wir weniger als 10 Meter vom Rhein entfernt. Wir haben wenig Zeit den Ausblick zu genießen, denn jetzt müssen wir die Inhalte der Taschen in den Schränken verpacken.

Gegen 21:00 Uhr haben wir uns mit den Unterbringungsmöglichkeiten vertraut gemacht und alles ist verstaut.
Jetzt bleibt noch Zelt für das Abendessen und dann wird auch schon bald ins Bett geklettert. Das mit dem Klettern ist wirklich so gemeint, denn das Raumwunder fordert sein Tribut. Das hintere Bett ist hoch und nur über eine kurze Leiter zu erreichen, denn darunter ist die Fahrradgarage.

Aber das Bett ist super und so schlafen wir sehr schnell ein. Gute Nacht, erstmalig in einem europäischen Wohnmobil.

  

03.Oktober 2020: Campingplatz Sonneneck (Boppard)
Die hinter uns liegende Nacht war prima:
Das Bett ist wirklich gut;  Durchgeschlafen und keine Rücken- oder Nackenschmerzen.

Weniger gut ist das Wetter, das uns erwartet. Es ist sehr trüb und gelegentlich tröpfelt es etwas. Also frühstücken wir zunächst in aller Ruhe bis das Wetter so wird, wie es der Wetterbericht und das Regenradar verspricht. Gegen Mittag holen wir die Räder aus der Garage, pumpen die Reifen auf und machen uns auf den Weg nach Boppard. Aber zunächst suchen wir noch die Sanitäranlagen des Campingplatzes auf und das ist auch gut so. Denn plötzlich fängt es wieder an zu regnen und erst gegen 15 :00 Uhr ist es trocken, so dass wir endlich losradeln können zum 6km entfernten Boppard.
Unser Ziel ist ein Geldautomat, denn auf diesem Platz kann nur bar bezahlt werden und irgendwie haben wir es gestern versäumt, in Köln nochmal zum Automaten zu gehen.

Unser zweites Ziel, in Boppard draußen irgendwo einen Kaffee zu trinken, lassen wir sein.  Obwohl es nicht mehr regnet ist es recht kühl und in einigen Straßencafés lassen lautstarke Gruppen das Bier und ihr Leben hochleben.
Ob das Kegelvereine sind? Die richtige Jahreszeit ist es ja.

Wir radeln zurück und jetzt öffnet sich der Himmel und große blaue Flecken machen sich breit.
Auf dem Campingplatz angekommen setzen wir uns mit den Stühlen raus und genießen die Sonne und den Ausblick.



Obwohl es schon Oktober ist scheint die Sonne noch viel Kraft zu haben und bevor wir uns noch einen Sonnenbrand holen packen wir alles zusammen und gehen Essen. Wo? In der Pizzeria des Campingplatzes.
Die kennen wir schon von unseren Fahrradtouren in der Vergangenheit.
Unsere Erwartungen werden nicht enttäuscht: Schnitzel bzw. Medaillons nebst Fritten. Es schmeckt köstlich und die Portionen sind wieder reichlich.

Unser Nachbar von gestern mit dem Wohnwagen ist einem neuen Nachbarn mit einem noch längeren Wohnwagen gewichen, so dass wir unseren Wagen vorziehen müssen, damit er Platz hat.
Unser Wohnmobil passt exakt in die vorgesehenen Markierungen und hätte keine 10cm länger sein dürfen.

Wir genießen noch ein wenig, wie sich langsam die Sonne senkt und bald schon verkriechen wir uns in den Bus.
Wir räumen noch etwas den Wagen auf, machen uns noch einen Kaffee und dann ist der Tag auch schon zuende.

Gute Nacht!


 
04.Oktober 2020: Campingplatz Sonneneck (Boppard) - Grainau
Schon sehr früh stehen wir auf und machen uns fertig für unsere heutige Tour, denn über 500 Kilometer liegen vor uns. Und dann stehen wir um 7:00 Uhr vor verschlossener Schranke am Campingplatz und befürchten schon, hier stecken zu bleiben.
Doch die Schranke lässt sich händisch hochschwenken und ab sofort übernimmt Anita das Steuer.

Unsere Strecke verläuft bis Bingen am Rhein entlang, wobei wegen des Regens und dem Morgengrauen recht wenig von der Schönheit dieses Rheinabschnittes zu sehen ist.
Über die A61 und weiteren Autobahnen geht es gen Süden.



Statt noch auf der Landstraße zu tanken holen wir das an der Autobahn nach in der festen Annahme, dass die paar Cent mehr schon zu verkraften sind. Wir sind aber dann doch unangenehm überrascht, dass hier der Diesel knapp 30 Cent/Liter teurer ist.



Wir erfreuen uns an dem integrierten LKW-Navigationsgerät, d.h. es ist ein Navi, das die besonderen Maße unseres Fahrzeugs bei der Routenführung berücksichtigt. Es hat nur einen Fehler: Auf der Autobahn zeigt er stets als Höchstgeschwindigkeit 80 km/h an. Das gilt zwar tatsächlich für LKW, nicht jedoch für Wohnmobile, auch wenn sie in der LKW-Gewichtsklasse sind.

Gegen 14:00 Uhr etwa erreichen wir Grainau und hier das Camping-Resort Zugspitze, das ein herrlichen Blick auf die Alpen zulässt.



Wenn man sie denn sieht...



Dieser Campingplatz hat lt. Beschreibung fünf Sterne und wie wir sofort merken, das zu recht.
Wir haben einen Stellplatz mit eigenem Badezimmer, was in der jetzigen Corona-Zeit durchaus Sinn macht.



Nach dem Anschließen der Stromzufuhr und dem automatischen Hochfahren und Ausrichten der Sat-Antenne (so etwas haben wir noch an keinem Camper gehabt) beschäftigen wir uns mit dem Lageplan und wie wir morgen zur Zugspitze gelangen.

Leider sind sich die digitalen und geprinteten Pläne uneins, so dass wir beschließen, die nähere Umgebung zu Fuß zu erkunden. Abweichend vom Kartenmaterial ist die für uns relevante Busstation nur wenige Meter von unserem Campingplatz entfernt und weil lt. Fahrplan der nächste Bus in wenigen Minuten kommen wird, fahren wir mit ihm einfach mal einige Stationen bis zum Eibsee, dem Ausgangspunkt unserer morgigen Kabinenbahnfahrt zur Zugspitze.

Wir gehen zur Talstation, schauen uns kurz den Fahrplan an und fahren auch schon wieder zurück zum Campingplatz.
Was uns etwas verstört: Der Bus fährt nur stündlich und ist prallvoll, trotz Corona. Im Bus selbst tragen alle ihre Maske, an den Haltestellen sind wir hingegen die einzigen, die ihre Maske tragen. Wir googeln schnell mal, ob es vielleicht in Bayern an Haltestellen keine Maskenpflicht gibt, doch es gibt sie.

Zurück auf dem Campingplatz genießen wir das eigene Badezimmer, essen dann und bald schon klettern wir hoch in unser Bett.

Gute Nacht.
 
05.Oktober 2020: Zugspitze
Das Wetter ist nicht so, wie wir es erhofft und gewohnt sind: Es regnet ziemlich stark und so verschieben wir die geplante Busfahrt um 7:33 Uhr auf 9:28 Uhr. Dafür haben wir eben noch Zeit für ein Frühstück im Camper.
Nach 20 Minuten erreichen wir die Talstation der Zugspitzbahn. Die Fahrt mit dem Bus ist schon ein Erlebnis: Die Fahrt führt u.a. durch eine sehr enge Straße, zwischen Häusern entlang und an einer Stelle hat man den Eindruck, man fährt durch die Vorgärten.
Die Hygieneregeln in der Talstation werden groß geschrieben: Schon beim Eintritt wird auf die Maskenpflicht hingewiesen und immer wieder finden sich Desinfektionsstationen.
Wir kommen "just in time" und haben Glück, sofort mit der Gondel aufsteigen zu können.
 

Die Gondeln sind riesig um dem möglichen Ansturm zu Spitzenzeiten zu genügen. Uns geht durch den Kopf, dass wir gut daran getan haben (also Anita), die Tour so zu planen, dass wir einerseits in der Nebensaison und andererseits auch nicht am Wochenende hier vor Ort sind. Denn gestern, am Sonntag, war hier deutlich mehr los.
Jetzt aber sind wir nur mit wenigen Mitreisenden in der Gondel.



Die Bergfahrt dauert rund 10 Minuten und bietet trotz des Wetters spektakuläre Aussichten.






Oben auf 2962 Metern angekommen begrüßt uns eine Temperatur von -4 Grad Celsius und ein kräftiger Wind. Damit stehen wir zwar nicht auf dem Dach der Welt, jedoch auf dem Dach Deutschlands, denn die Zugspitze ist bekanntermaßen der höchste Berg in Deutschland.
Von oben sieht man gar nicht mehr, von wo wir gerade hochgekommen sind.


Das Panorama ist beeindruckend, obwohl uns Nebel und Regenwolken den Blick in die Ferne trüben.



Der Wind ist eisig und lässt alle unbedeckten Körperteile fast schon einfrieren.

Das hindert uns natürlich nicht die Fotoapparate heiß laufen zu lassen.



Unser Plan war es ja immer, die Zugspitze zu erklettern.

aber das ist ja jetzt um diese Zeit bei diesen Temperaturen und Schnee unmöglich, oder?

Es gibt Menschen, die das aber auch jetzt schaffen.

Um uns aufzuwärmen nehmen wir in der Cafe-Bar des Gipfelrestaurants "Panorama 2962" einen heißen Kaffee zu uns und stellen fest, dass der Blick auch weiterhin atemberaubend ist, jetzt aber deutlich wärmer und gemütlicher.


Es geht wieder nach unten, aber wie?

Wir haben vorhin an der Talstation die "Zugspitze Rundreise" zum Preis von derzeit 59,00 €/Person gekauft. Bei der Planung haben uns Freunde und Bekannte darauf aufmerksam gemacht, dass es allgemein heißt, dass die  Fahrt auf die Zugspitze die teuerste Gondelfahrt Deutschlands ist. Aber schließlich ist es nun mal der höchste Berg Deutschlands und es ist eine Rundreise mit zwei Möglichkeiten ins Tal zu kommen:

a) Wir fahren mit der gleichen Bahn wieder runter.
b) Oder wir bedienen uns der Gletscherbahn und Zahnradbahn und hierfür entscheiden wir uns.
Die Gletscherbahn ist auch eine Gondelbahn, deren Gondeln jedoch kleiner als bei der Zugspitzbahn sind.


Sie führt uns innerhalb von nur 4 Minuten von 2962 Metern auf 2602 Meter runter.
Hier wechseln wir in die Bayerische Zugspitzbahn, eine Zahnradbahn,



die uns vom Zugspitzplatt rund 1400 Meter tiefer zur Talstation bringt. Rund 19 km ist die Strecke lang und der geenterte Fensterplatz erweist sich als weniger wichtig als gedacht, denn die 45 minütige Fahrt führt gefühlt 44 Minuten durch den Tunnel.

Nett sind die Ablagen über der Bestuhlung. Sie sind ungewöhnlich klein und machen ihrem Namen Hutablage alle Ehre.


Unten angekommen planen wir, noch eine rund 7 km lange Runde um den weltberühmten Eibsee zu machen.


Doch leider müssen wir noch vor der Hälfte umkehren, da der Rundweg derzeit von Montag bis Freitag wegen Reperaturarbeiten gesperrt ist.

Wir beeilen uns und legen einen strammen Schritt hin um den Bus zum Campingplatz noch zu bekommen. Es fehlen nur etwa 10 Sekunden, denn wenige Meter vor dem Ziel -und ich rede hier von etwa 15 Metern- fährt der Bus ab. Anita ist überzeugt, dass der Busfahrer zu uns rüber geschaut hat und uns gesehen haben muss. So sind die Bayern halt, wenn sie Preussen ärgern können. :-)

Also warten wir eine Stunde und fahren erst dann endlich zurück zum Campingplatz. Und dort gehen wir in die Sauna.
Tatsächlich, dieser 5-Sterne-Campingplatz hat eine Sauna und aufgrund der Corona-Hygieneregeln sind wir mal gespannt, wie das umgesetzt wird.

Wir sind richtig angetan: Wir mussten uns gestern für eine bestimmte Zeit anmelden mit der Angabe, ob wir in die 65 Grad Biosana oder in die 85 Grad finnische Sauna möchten. Die kleinere Biosana ist tatsächlich nur mit einem Paar belegt und die von uns gewählte finnische und deutlich größere Sauna mit zwei Paaren. Die Anlage ist unerwartet groß und von der Sauna aus hat man einen Blick in das Berg-Panorama.

Leider steht uns die Sauna nur eine Stunde zu Verfügung, denn dann kommt die nächste Schicht.
Nach der Sauna gehen wir im Biergarten des Campingplatzes essen. Montag und Dienstag sind Grillabende und in sehr gemütlicher Runde und einer besonders freundlichen Bedienung genießen wir bei einem Glas Rotwein unser frisch gegrilltes Abendessen. Anita entscheidet sich für Pute und Ofenkartoffel und ich für einen Grillteller, bestehend aus einem Steak, Grillkäse und einer Wurst.

Im Camper lassen wir diesen ereignisreichen Abend bei einer schönen Tasse Kaffee ausklingen.

Gute Nacht!
 
06.Oktober 2020: Partnachklamm
Es regnet schon wieder bzw. rechnet man die Nacht hinzu, immer noch. Wieder verschieben wir den Start um zwei Stunden nach hinten. Auf unserer ToDo-Liste steht heute die Höllentalklamm, auf die wir uns schon sehr freuen. Soll sie doch beeindruckende Bilder ermöglichen.

Irgendwann ist Licht am Horizont auszumachen, soll heißen: Die Regenwolken ziehen sich etwas zurück und der Himmel beginnt, blaue Flecken zu bilden.



Nach dem Frühstück geht es wieder runter zur Haltestelle und mit dem Bus bis zur Station Hammersbach.
Wir orientieren uns noch etwas, wo es wohl losgehen könnte. Zum Glück kommen einige Wandersleut, so dass wir uns nicht auf die App "Komoot" verlassen müssen sondern nur dem von ihnen eingeschlagenen Weg folgen müssen.
Es geht sehr steil bergauf und schon bald sehen wir von den Wanderern nichts mehr. Der Weg hat hohe Stufen. Sind wir etwa auf dem Bright Angel Trail im Grand Canyon? Das Problem ist, dass der Boden und auch die Stufen von dem vielen Regen völlig durchnässt und somit sehr rutschig sind.

Unsere Smartphones sagen uns, dass wir mal besser auf Komoot gehört hätten statt den Wanderen zu folgen: Denn wir sind falsch. Nicht wirklich falsch, nur ist dieser Weg deutlich länger. Noch vier Kilometer sind es allein bis zum Eingang der Klamm und der Blick nach vorne geht immer nur hoch und höher. Wir setzen uns auf eine Bank und nach Luft schnappend entscheiden wir uns gegen die Tour, obwohl uns aufgrund der rutschigen Stufen auch vor dem Abstieg graut.


Aber alles geht gut: Schritt für Schritt steigen wir ganz vorsichtig ab. Die Ironie ist, dass meine derzeitigen Wanderschuhe, die schon so manche Meile durch die amerikanischen Canyons gelaufen sind, ziemlich ausgelatscht sind und kaum noch Profil haben. Die neuen Schuhe stehen im Camper, weil die neuen noch etwas drücken.
 
Unten an der Busstation warten wir auf den Bus in die Gegenrichtung und fahren nach einer Dreiviertel Stunde des Wartens nach Garmisch-Partenkirchen. Denn statt der Höllentalklamm planen wir jetzt die Partnachklamm zu durchlaufen. Sie soll kaum weniger spektakulär sein, aber wesentlich leichter zu erreichen und zu begehen sein.
Am Bahnhof von Garmisch Partenkirchen steigen wir aus und statt in einen anderen Bus umzusteigen gehen wir die knapp 6 Kilometer zu Fuß.

Der Weg führt uns an der Olympia-Sprungchance vorbei, die bereits bei der Olympiade 1936 im Mittelpunkt stand. Geplant ist, dass sie auch 2025 noch einmal in den Mittelpunkt rückt.


Kurz vor dem Eingang kommen wir nicht umhin, Toiletten aufzusuchen und entscheiden uns gegen die öffentlichen Toiletten zugunsten der Räume im Klammhaus, einem netten Gasthaus, wo es freundliche Bedienung und heißen Kaffee gibt. Denn es ist wirklich etwas kalt.

Am Eingang zur Klamm erfahren wir, dass der Weg durch die Klamm Corona-bedingt eine Einbahnstraße ist und der Rückweg über die Partnachalm führt. Wir haben keine Ahnung, was das bedeutet, aber da so viele Wanderer, egal welchen Alters, den Eintritt zahlen, kann es schon nicht so schlimm sein.
Der reguläre Eintritt beträgt 6,00€/Person, der ermäßigte Preis, den wir durch unsere Touristenkarte erhalten, 5,00€.

Kaum durch das Kassenhäuschen hindurch geht es in einen recht dunklen Tunnel



und dann direkt rein in die Klamm.


Wir wissen nicht einzuschätzen, wie lang der Weg immer wieder durch kleine Tunnel unterbrochen an der brausenden und tosenden Partnach entlang läuft.



Erst später erfahren wir, dass es 702 Meter sind.



Ich rate dringend, spritzwassergeschützte Kameras oder Smartphones mitzunehmen, denn das Wasser spritzt von unten von der Partnach immer wieder nach oben und von oben an den Wänden tropft es wieder runter.



Es ist ein beeindruckendes Erlebnis. Mit den Schutzmasken vor dem Mund und das Brüllen der Partnach in den Ohren versteht man kein Wort von der Ehefrau, sogar wenn man es möchte :-)


Der Weg ist sehr belebt und wir mögen uns gar nicht vorstellen, was auf diesem Stück an Wochenenden oder zur Hochsaison los ist, insbesondere, wenn der Weg außerhalb der Corona-Zeit in beide Richtungen begehbar ist.

Die dunklen Passagen sollte man mit sehr viel Vorsicht durchlaufen, denn es gibt Stellen, die weniger als 1,75m hoch sind und teilweise sind die kleinen Tunnelpassagen so dunkel, dass man fast nichts sieht.

Nach einiger Zeit und fast unendlich vielen Bildern verlassen wir die Klamm und gelangen zu dem breiten Oberlauf. Es ist trocken, hell, breit und...leise, denn die Partnach fließt gemächlich etwas weiter unten und sammelt sich, um sich anschließend in und durch die Klamm zu stürmen.



Wir machen uns also auf den weiteren Weg über die Partnachalm. Angeblich warten 30 Minuten Gehweg auf uns. Wir wissen nicht, welche Steigung uns erwartet, noch wie lang der Weg ist. 30 Minuten Gehweg ist eine sehr individuelle Angabe.

Und der weitere Weg hat es wirklich in sich. Es geht sehr steil bergauf und wir hecheln ganz schön.



Unser GPS-Gerät zeigt eine Steigung von 290 Höhenmetern an als wir den höchsten Punkt erreichen. Subjektiv würden wir sagen: 290 Meter Steilwand.
Endlich oben angekommen geht es wieder um 290 Tiefenmeter nach unten. Und die sind fast schwieriger als der Aufstieg, denn auch hier ist es sehr rutschig und wir sind nicht die einzigen, die wie auf rohen Eiern absteigen.

30 Minuten Gehweg stimmt absolut nicht, auch für Wanderer mit besserer Kondition ist das kaum zu schaffen. Ich finde es unverantwortlich, dass reinkommende Wanderer nicht darauf hingewiesen werden, was sie bei einem "One-Way-Trip" alles erwartet.
Recht platt erreichen wir nach etwa 3 Stunden insgesamt wieder den Eingang zur Klamm.

Von hieraus gehen wir wieder die knapp sechs Kilometer bis zur Busstation.
Im Basiscamp angekommen relaxen wir und steuern gegen 18 Uhr unser Restaurant an. Diesmal sind wir früh genug hier und finden noch einen Platz drinnen.

Heute ist Burger-Tag und das läuft richtig nett ab: Burger und Patties werden auf dem Grill fertig gemacht und anschließend geht´s an die Theke und man sagt, wie man sie belegt haben möchte.
Die Bedienung ist -und das müssen wir hier betonen - so etwas von nett, lustig und aufmerksam, dass das allein schon ein Erlebnis ist.

Gesättigt und gut gelaunt geht es zurück in den Camper, wo wir den Abend wieder bei einer Tasse Kaffee ausklingen lassen.
 
07.Oktober 2020: Garmisch-Classic
Nur wenige Kilometer entfernt von den Gondeln, die zur Zugspitze führen, gibt es eine weitere Möglichkeit, sich zumindest auf 2.050 Meter hochfahren zu lassen. Oben auf dem Osterfelderkopf gibt es die Aussichtsplattform  AlpspiX, von der aus die Ferne und die Tiefe hautnah erlebt werden kann.

Wieder regnet es morgens und wir warten ab, bis wir ein trockenes Zeitfenster haben. Statt mit dem Bus zu fahren gehen wir die Strecke vom Campingplatz bis zur Talstation der Alpspitzbahn zu Fuß, die wir nach etwa gut einer halben Stunde und 2,5Kilometern erreicht haben.

Auf dem Display ist zu sehen, dass die nächste Bergfahrt um genau 10:00Uhr beginnt, also in 4 Minuten.
Alles klappt bestens. Die aus bis zu drei Gondel-Fahrten bestehende Garmisch-Classic kostet 29,00€ pro Person. Hätten wir vorgestern mit der Bergfahrt zur Zugspitze ein Kombiticket erstanden, hätten wir 9,00€/Person gespart. Aber das wollten wir nicht, da vorgestern noch unklar war, ob wir heute überhaupt hier hochfahren werden.

Die Gondel ist kleiner als die der Zugspitzbahn aber mit den gerade mal 6 Leuten hier an Bord kommt auch hier kein Gefühl der Enge auf.

Aber eins muss ja mal gesagt werden: Diese Touren in den USA hätten einen anderen Charakter: Es gäbe einen Gondelführer, der gleich mit Witz und Begeisterung gestartet wäre: "Hi Folks, my Name is Jeff and I am your Guide on the ride to one of the famoust mountains of the world [oder] highest"  oder oldest  oder oder oder.

Er hätte seine Jokes gemacht, in etwa: "Aussteigen während der Fahrt ist nicht erlaubt aber auch nicht empfehlenswert".
Auf jeden Fall wären wir alle erheitert, begeistert und hätten vermutlich auch noch so Dinge erfahren, dass die Stelzen der Bahn aus xy Tonnen Stahl bestehen oder irgendwas.

Was ich sagen möchte: In den USA liefe das interessanter und erheiternder ab.
Andersrum betrachtet: Auf dieser Fahrt können wir uns einzig auf die vorbei rauschende Landschaft konzentrieren, denn kein einziges Wort des Gondelführers lenkt uns ab.

Oben angekommen sind es nur wenige Meter bis zu der fast schwebend aussehenden Aussíchtsplattform AlpspiX.



E ntgegen unserer Vorstellung ist der Boden dieser Plattform nicht aus Glas sondern auf Metallgittern, was vielleicht bei dieser Witterung beständiger ist.
Auf der Plattform herrscht ein scharfer und eisigkalter Wind, so dass wir nicht einige Minuten sondern eher nur einige Sekunden dort verweilen.



Von der Plattform aus kann man durch das Bodengitter rund 1.000 Meter in die Tiefe blicken.


kurzein paar Sekunden runter zu schauen. Aber für ein paar Bilder reicht es auf jeden Fall.

Der Blick in die Ferne oder ins Tal reduziert sich auf wenige Meter: Es herrscht dicker Nebel und wir sehen eigentlich nur eine weiße Wand.



Wie geht es jetzt weiter? Das klären und planen wir im Restaurant bei einem heißen Kaffee.



Dabei beobachten wir eine mysteriöse Szene. Eine Nonne geht den Berg hoch bis zum Gipfelkreuz, umklammert es und verharrt trotz des Windes und der Kälte mehrere Minuten.



Zurück zu unseren Planungen. Es gibt wieder zwei Möglichkeiten:
a) Mit der selben Seilbahn, mit der wir eben hochgekommen sind, wieder runterfahren.
b) Mit der Hochalmbahn, die hier ebenfalls endet, auf etwa 1.700Meter runter zu fahren. Nach einem rund 30minütigen Gehweg landet man dann an der Bergstation der Kreuzeckbahn, die einen runter zur Talstation und unserem heutigen Ausgangspunkt bringt.

Was bedeuten denn 30 Minuten Gehen? Nach dem gestrigen Erlebnis hinsichtlich eines angeblich 30 minütigen Gehweges sind wir vorsichtig geworden. Auch im Internet finden wir nur Angaben zur Laufzeit, nicht jedoch zur Länge des Weges oder der Steilheit/Gefälle.

Irgendwo entdecken wir dann einen versteckten Hinweis, dass der Weg von der Talstation der Hochalmbahn bis zur Bergstation der Kreuzeckbahn als "leicht" deklariert wird.

Wir entschließen uns, nach der wärmenden Tasse Kaffee mit der Hochalmbahn runter zu fahren und uns dort einen Eindruck vom Weg und der Witterung zu verschaffen. Ist es steil, kalt und schneebedeckt kehren wir einfach mit der Seilbahn wieder hier hin zurück.
Wir gehen zur Bergstation der Hochalmbahn, sie ist nur wenige Schritte von der Bahn entfernt, mit der wir vorhin hier oben angekommen sind.

Kein Hinweis, wann unsere Talfahrt beginnen wird und auch kein Maschinist weit und breit zu sehen. Ein weiteres Paar kommt hinzu und wartet ebenfalls mit vielen Fragezeichen im Gesicht.



Plötzlich hören wir eine Durchsage mit der Bitte einzusteigen. Gehört - getan und plötzlich setzt sich die Gondel mit uns aber ohne Gondelführer wie von Geisterhand in Bewegung. Wir sind überrascht und Anita und mir fällt ein, dass wir so etwas vor Jahren schon mal in einem spannenden Agentenfilm gesehen haben. Dort öffnete sich allerdings auch automatisch die Bodenplatte....

Das bleibt uns erspart und führerlos wie von Geisterhand erreichen wir die Talstation. Wieder öffnen sich die Türen automatisch und per Durchsage werden wir gebeten, die Gondel zu verlassen. Von uns vieren einmal abgesehen ist weit und breit kein Mensch zu sehen. Fast schon ein wenig beängstigend. Während wir noch die Hinweisschilder studieren setzt sich die Gondel wieder in Bewegung nach oben.

Die Luft hier auf 1700 Metern ist angenehm: Zwar herrscht hier Nebel, aber dafür ist es einige Grade wärmer als oben auf dem Gipfel, es gibt keinen Wind, keinen Schnee und der Weg ist hervorragend ausgebaut.



Also werden wir jetzt über den sogenannten Genuss-Erlebnis-Weg zur Bergstation der Kreuzeckbahn gehen. Der Weg heißt deshalb so, weil es auf dem Weg immer wieder kleinere Mitmach-Stationen gibt, die für Kinder aber auch Erwachsene eine nette Geschichte erzählen.



Die letzte Etappe unserer Garmisch-Classic ist wieder eine übliche Bahn im Endlosbetrieb. Der Mitarbeiter, der oben darauf achtet, dass die Ankommenden auch die Gondel verlassen, reagiert noch nicht einmal auf unser "Grüß Gott". Wir genießen zu zweit in der Gondel unsere voraussichtlich letzte Gondelfahrt für diesen Urlaub. Und Genießen ist das richtig Wort, denn wir schweben mit der Gondel über die schon weltberühmte "Kandahar", also jene sehr bekannte und auf dem letzten Abschnitt auch mörderische Abfahrtsstrecke, die man von den Abfahrtsrennen kennt und oft im Fernsehen bestaunen kann.
Am Rand sind immer wieder Schneekanonen und Fangzäune zu erkennen.



Von unserer Abfahrt noch ganz begeistert geht es zurück zum Campingplatz. Gekocht und gegessen wird heute wieder im Camper und der Tag endet mit einem Saunabesuch um 20 Uhr.

Und dann sind wir auch schon bettreif.

Gute Nacht.
 
08.Oktober 2020: Grainau - Königsbrunn
Wir erwachen und stellen mit Groll fest:



Blauer Himmel verspricht einen tollen Tag, aber wir müssen uns heute auf den Weg machen.



Vor der Abfahrt nach Königsbrunn bei Augsburg wollen wir ein neues Gerät auf dem Campingplatz ausprobieren. Die Abwassersysteme der amerikanischen Wohnmobile unterscheiden sich ja von den europäischen Campern deutlich, wie wir schon berichtet haben.

Das Blackwater wird bei den europäischen Modellen nicht in einem Tank sondern in einer Kassette gesammelt, die es regelmäßig auf Toiletten zu entleeren gilt.

Hier aber gibt es den "Camping Butler".

Wir entnehmen also  dem Wohnmobil die Kassette (alles völlig hygienisch) und stellen sie in ein Gerät, das aussieht, wie ein Cola-Automat mit großer Klappe, die sich nach Einwurf von 3 Euro öffnet. Dann soll alles wie von selbst passieren.

Das funktioniert aber zunächst nicht so, wie es sein soll, was allerdings evtl. an einem Bedienungsfehler von uns liegt. Vermutlich haben wir die Kassette nicht weit genug reingeschoben, was wir korrigieren.
Dann geht es los:
Der Verschluss der Kassette wird in der Maschine geöffnet, der Inhalt abgesogen, die Kassette von innen gereinigt, mit neuer Chemie befüllt und letztlich zusätzlich von außen zusätzlich gereinigt.
Nach geschätzten fünf Minuten geht die Klappe auf und eine pitschnasse aber strahlend saubere Kassette liegt vor uns.

Außerdem hole ich an der Rezeption unsere Brötchen. Der Campingplatz bietet, wie viele Campingplätze, einen Brötchenservice: Bis zum Vortag 16:45Uhr mussten wir den Bestellschein ausfüllen und jetzt steht eine Tüte mit unseren Brötchen im Regal zum Selfservice. Theoretisch könnte man sich hier einfach eine fremde Tüte klauen aber offensichtlich gibt es auch hier wie in Amerika einen Camper-Codex.

Nach dem Frühstück wird ausgecheckt. Die vier Tage für zwei Personen kosten 270,00€, hinzu kommen noch die Stromkosten und die Brötchen. Und schon geht es auf die ca. 120km lange Fahrt nach Königsbrunn. Was macht man in Königsbrunn? Familie besuchen.

In Königsbrunn gibt es leider keinen Campingplatz, dafür aber einen sog. Stellplatz. "First Come - first served": Das heißt, wir konnten nichts vorreservieren und so hoffen wir, einen der 12 Stellplätze zu erhaschen, was uns auch gelingt. Ähnlich einem Parkplatz ziehen wir uns einen Parkschein, der 6,00€ für 24 Stunden kostet. Hinzu kommt noch der Strom. Eine Kilowattstunde kostet 50Cent, doch leider nimmt der Automat nur 50Cent-Stücke und bedauerlicherweise haben wir im Moment nur ein 50Cent-Stück.

Zu Fuß gehen wir zur Schwester und Schwager und am Abend, als schon alles dunkel ist, werden wir wieder zurückgebracht.

Im Gegensatz zu Campingplätzen, wo immer wieder mal der Nachbar ein Auge auf das Nachbarfahrzeug wirft, ist man hier eher unbeobachtet und demzufolge auch weniger sicher.
Unseren Camper finden wir jedoch völlig unbeschadet wieder.



Bald schon geht es ins Bett, denn morgen geht es weiter nach Koblenz.
 
09. Oktober 2020: Königsbrunn - Koblenz
Heute stehen 434 km bis nach Koblenz auf der ToDo-Liste.
Und deshalb starten wir diesmal, erstmalig in diesem Urlaub, noch vor der Sonne.



Die meiste Zeit geht es über die Autobahn, bis wir dann ab Bingen die wesentlich schönere Strecke am Rhein entlang wählen. Je weiter wir uns aus dem Süden in Richtung Westen bewegt haben, desto schlechter wird das Wetter. Der Campingplatz liegt gegenüber dem Deutschen Eck genau an der Stelle, an der die Mosel in den Rhein fließt. Den Campingplatz findet man nicht per Zufall am Wegesrand, vielmehr muss man ihn gezielt suchen und anfahren.

Wir haben einen Platz direkt am Rhein/Mosel und die Sicht ist schon toll. Entgegen dem Campingplatz Sonneneck zu Beginn unseres Urlaubs stehen die Camper hier nicht mit der Seite zum Fluss sondern jeweils mit der Schnauze oder dem Heck des Fahrzeugs.
Konsequenz: Man bekommt deutlich mehr Plätze zum Vermieten hin.

Ein Nachteil auf diesem Platz: Die Stromanschlüsse sind nicht direkt am Stellplatz. Wir haben zwar eine Kabeltrommel, aber die reicht nicht für die Distanz zwischen Camper und Stromanschluss. Also müssen wir versuchen, den Wagen noch einen Meter weiter ran zu platzieren und auch jetzt ist das Kabel ziemlich gespannt.
Eigentlich eine Unverschämtheit.

Das Wetter spielt nicht mit: Es regnet wie aus Kübeln.

Gegen 17:00 Uhr gehen wir dann in das Campingplatz-Restaurant. Obwohl wir nicht reserviert haben erhaschen wir noch einen Platz und sind erstaunt, dass ein Campingplatz schon wieder ein solch ansprechendes Restaurant hat. Für uns beide gibt es mal wieder Schnitzel mit Beilage.
Überhaupt hegen wir den Verdacht, dass Schnitzel, egal ob Wiener Art, Jäger oder Paprika, ein Muss in jedem Campingplatzrestaurant ist. Und diese Restaurants scheinen ihr Geschäft zu verstehen, denn bisher sind wir kulinarisch noch nie enttäuscht worden.
Zurück zum Camper geht es noch im Regen und kurz darauf beginnt sich die Sonne zu senken und die Wolken Lücken zu bekommen.
Und plötzlich haben wir noch einen tollen und völlig unerwarteten Tagesausklang.



Sogar ein 180Grad Regenbogen wacht für einige Zeit über unseren Campingplatz.


 
 
10.Oktober 2020: Koblenz - Radeltour
Jetzt haben wir extra die Fahrräder mitgenommen und sie erst einmal genutzt. Heute wollen wir ihnen eine zweite Ausfahrt gönnen. Unsere Wecker gehen wieder in aller Frühe und ein Blick in den Himmel lässt vermuten, dass sich Wetter und Wetter-App nicht ausgetauscht haben. Hat uns die App doch relativ gutes Wetter prognostiziert: Durchweg etwas windig aber trocken und nur leicht bewölkt.

Es dauert eine ganze Zeit, aber so etwa gegen 9:00 Uhr oder 10:00 Uhr reißt der Himmel doch auf und schnell machen wir uns auf die Socken bzw. Räder.
Die Entscheidung, etwas am Rhein oder etwas an der Mosel entlang zu fahren, ist heute zu Gunsten des Nebenflusses gefallen.
Da es auf der rechten Moselseite (östliches Ufer) keinen vernünftigen Radweg im weiteren Verlauf gibt, entscheiden wir uns für das linke Moselufer (westliches Ufer).
Sonst wechseln wir auf unseren Radeltouren immer über die Gülserbrücke von der rechten auf die linke Seite, heute sind wir schon auf der richtigen Seite und erfahren dadurch einen kleinen Abschnitt des Weges, den wir noch nie gefahren sind.

Es ist tatsächlich windig, leider oftmals Gegenwind aber sobald die Wolken eine Lücke lassen sind wir doch erstaunt, wie viel Kraft die Oktobersonne noch hat.
In Winningen, einem Dorf, durch das wir sonst nur durchrasen, na ja "durchradeln", kehren wir in ein nettes Weinlokal ein. Wein und Fahrrad ist für uns ein NoGo, so dass es eben Kaffee gibt.

Wir entscheiden uns von hier aus zurückzufahren und zwar, nicht wie sonst auf dem durchaus schöneren aber auch anstrengenderen Fahrradweg entlang der Weinberge, sondern unten am Ufer an der Straße entlang.
Auch dieser Abschnitt ist für uns völlig neu.

Über die Gülser Brücke wechseln wir die Moselseite und nach wenigen Minuten kommen wir an unserem alten Stammhotel Contel Koblenz vorbei.
Der empfehlenswerte Biergarten ist leider geschlossen, obwohl er derzeit wohl noch betrieben wird.
Stattdessen gehen wir ins Restaurant für eine Tasse Kaffee und entscheiden uns spontan, im Hotel zu saunieren. Aufgrund des Hygienekonzeptes dürfen nur maximal drei Personen in die Saunaanlage. 15,00€ kostet der Eintritt in die Sauna pro Person und nach wie vor vertreten wir die Meinung, dass die Sauna für ein Hotel schon ungewöhnlich groß und gut ist.

Nach zwei Stunden radeln wir die nur noch kurze Strecke in Richtung Campingplatz, vorbei bei Netto, um noch eine Kleinigkeit einzukaufen.

Zurück auf dem Campingplatz lösen wir das gestrige Versprechen unserem Ober gegenüber ein und gehen wie angekündigt im Campingrestaurant essen. Diesmal gibt es für Anita einen Burger und für mich ein Paprikaschnitzel. Dabei haben wir einen schnuckeligen Platz in der Ecke.

Auf unserem Stellplatz holen wir heute nochmals die Campingstühle raus, genießen das Panorama und beobachten, wie sich vor unseren Augen Rhein und Mosel vereinigen.



Morgen geht es in Richtung Köln zurück und wir entscheiden uns, die notwendigen Sortierarbeiten erst morgen zu erledigen.

Stattdessen lassen wir die bisherige Zeit mit unserem Camper, erstmalig in Deutschland, Revue passieren und kommen zu dem Schluss: Hier ist es auch schön.



Schade, dass sich der Urlaub bereits langsam zu Ende neigt.
 
11. Oktober 2020: Koblenz - Kasselberg
Wir räumen in aller Ruhe unser Inventar zusammen und starten langsam in Richtung Kasselberg bei Köln. Den Campingplatz Kasselberg kennen wir von unseren Radtouren und er liegt nur ein paar Kilometer nördlich von Köln.
Die Buchung erfolgte per Mail und in Kasselberg ankommend suchen wir zunächst die Rezeption. Beim Gretchen, einer kleinen Kneipe, die sich auf dem Areal befindet, erkundigt sich Anita nach unserem Stellplatz, während ich mit dem großen Wagen den sehr engen Weg davor fast blockiere.

Auf den Campingplätzen im Sonneneck, an der Zugspitze und in Koblenz haben wir eine äußerst große Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft erleben dürfen. Davon ist hier in Kasselberg überhaupt nichts übergeschwappt, im Gegenteil. Die unfreundliche Art des Hinweises, dass hier alles online läuft, macht uns die Entscheidung leicht, heute Abend garantiert  NICHT beim Gretchen Essen zu gehen. Anhand einer Grafik erahnen wir, wo unser Stellplatz auf der Wiese sein könnte. Der Stromanschluss ist soweit von unserem Stellplatz entfernt, dass das Kabel nur mit viel Phantasie reicht. Ein anderer Camper, der noch einen Stellplatz weiter steht, schimpft ebenfalls, weil er sogar mit einem zusätzlichen 10Meter-Verlängerungskabel an seine Grenze gekommen ist.

Die sanitären Einrichtungen können wir nicht nutzen, weil wir den Zugangscode nicht haben.

Einen Gulli zum Ablassen des Grauwassers gibt es lt. Nachbarn nicht.

Wir sind ziemlich bedient. Mal abgesehen davon, dass wir nur knapp 5 oder 10 Meter vom Rhein stehen und eine tolle Sicht haben, ist der Platz aus unserer Sicht nicht empfehlenswert.

Michael besucht uns, sieht sich unser Wohnmobil an, wir gehen in der Nähe essen und dann ist der Abend auch schon vorbei.

Und morgen müssen wir uns von unserem lieb gewonnenen Wohnmobil trennen.
 
12.Oktober 2020: Kasselberg - Kerpen - Boppard (Verlängerung :-)
Zwischen 9:30 Uhr und 11:00 Uhr müssen wir den Wagen abgeben. Um 7 Uhr beginnen wir damit, das Frischwasser in Eimer zu füllen und am Rhein in die Büsche auszukippen. Da es sich um reines Frischwasser handelt ist daran nichts auszusetzen. Rund 100 Liter zapfen wir mühselig per Eimer ab. Insgesamt hat der Wagen einen Frischwassertank von 190 Litern, das heißt, wie haben noch nicht einmal die Hälfte verbraucht. Das liegt sicherlich daran, dass wir mehrere Tage an der Zugspitze das gesonderte Badezimmer nutzen konnten.

Lediglich das Blackwater können wir ordentlich entsorgen.

Gegen 9:40 Uhr erreichen wir unseren Vermieter und wir teilen der Mitarbeiterin unsere Begeisterung mit und dass wir den Camper gerne länger genommen hätten usw.
Und dann ergibt sich für uns eine Möglichkeit, mit der wir gar nicht gerechnet hatten:
Der Camper geht erst am Freitag wieder auf Tour und sehr schnell entscheiden wir uns, die Mietzeit bis dahin zu verlängern.
Von unterwegs aus reservieren wir einen Stellplatz auf dem Campingplatz Sonneneck bei Boppard, wieder direkt nur ganz wenige Meter vom Rhein entfernt.

Unterwegs kaufen wir beim Aldi noch fehlende Lebensmittel ein, insbesondere auch Wasser.

Auf dem Campingplatz befüllen wir den Wagen mit Wasser und jetzt tut sich ein Problem auf: Die Pumpe(n) haben Luft gezogen, man hört sie arbeiten aber es kommt kein Wasser aus den Hähnen.
Die Bedienungsanleitung gibt nichts her und wir rufen mehrmals beim Vermieter an.
Telefonat 1: "Dann ist bestimmt das Frostschutzventil aufgegangen und muss gesperrt werden"
Ventil kontrolliert; alles in Ordnung.
Telefonat 2: "Dann hat die Pumpe bestimmt Luft gezogen. Bodenklappe öffnen, an der Pumpe kräftig wackeln".
Revisionsklappe geöffnet, Wassertank entdeckt, Verschluss so kräftig verschlossen, dass wir nicht an die Pumpe kommen.
Telefonat 3: "Doch, die muss sich öffnen lassen. Ganz kräftig dran drehen und dann kräftig an der Pumpe wackeln, damit die Luftblase rausgeht"
Mit Leatherman versucht, den Verschluss zu lösen, ergebnislos.
Telefonat 4: Wir: "Wir kommen nach Kerpen zurück, dann können Sie es versuchen"
Halbe Stunde in Richtung Kerpen gefahren, viel Verkehr, das werden wir nicht schaffen.
Telefonat 5: Wir: "Schaffen es heute nicht mehr, kommen morgen."

Auf dem Rückweg betrachten wir die Situation und kommen zu dem Schluss, dass wir auch ohne Wasser über die Runden kommen. Zum Kochen und Zähneputzen nehmen wir sowieso Wasser aus Flaschen und zum Waschen und Duschen nutzen wir dann halt die sanitären Einrichtungen der Campingplätze.
Auf dem Campingplatz probieren wir noch einige Male vergebens die Hähne aus. Mit dem Öffnen des Hahns hört man, dass die Pumpe anspringt. Doch leider können wir die nicht auf Dauer laufen lassen, denn eine Pumpe, die trocken läuft, läuft meist nach einiger Zeit gar nicht mehr.
Und dann plötzlich hören wir ganz ganz leise, dass die Pumpe beginnt, etwas Wasser zu ziehen. Ein ganz leises Gurgeln.
Wir tanzen im Auto Rock`n Roll, um den Wagen möglichst stark wackeln zu lassen, und plötzlich ergießt sich aus dem Hahn Wasser. Wir sind begeistert.

Im Restaurant wird gegessen, wieder Schnitzel

 und dann genießen wir in unserem Wohnmobil unsere "Verlängerung".


13.Oktober 2020: Sonneneck
Wir erwachen und genießen zunächst die Tatsache, wieder im Wohnmobil zu erwachen statt daheim zu sein.
Dann ergibt sich eine spannende und zugleich beängstigende Stunde, denn wir erhalten auf dem Smartphone einen Alarm aus unserer Wohnung. Doch unser Freund Michael fährt vorbei und beruhigt uns, dass es sich um einen Fehlalarm handelt.

Nachdem wir uns beruhigen konnten verlassen wir unseren Camper und stellen fest, dass es kalt und neblig ist:



Das hält uns aber nicht wirklich von unserem Vorhaben ab, nach Boppard zu fahren. Diesmal aber nicht mit unseren Rädern sondern mit....


Die Haltestelle in Richtung Boppard ist gerade mal 500 Meter vom Campingplatz entfernt und um diese Tageszeit fährt der Bus alle halbe Stunde von hier ab.

Während wir warten klingelt das Telefon und der avisierte Campingplatz für morgen in Koblenz teilt uns mit, dass wir morgen kommen dürfen. Zum Hintergrund: Wir haben einen weiteren Campingplatz für die folgenden zwei Tage kontaktiert, der uns jedoch zunächst aufgrund des Beherbergungsverbotes ablehnte. Anita wies die Mitarbeiter dann darauf hin, dass wir nicht direkt aus Köln kommen und dieses Verbot laut Gesundheitsamt daher für uns nicht greift. Außerdem hörten wir gestern Abend in einer Eilmeldung, dass Rheinland-Pfalz vom Beherbergungsverbot zunächst Abstand nimmt. Und gerade hat die Mitarbeiterin von ihrem Chef grünes Licht erhalten, uns morgen aufnehmen zu dürfen. Prima, läuft doch!

Die 6 km bis nach Boppard Hauptbahnhof schafft der Bus in gerade mal 6 Minuten. Unser erster Gang ist wieder zum Geldautomaten, denn bekanntermaßen läuft hier Vieles (noch) mit Bargeld.
Der Weg geht weiter in Richtung Sessellift, wobei wir aus der Ferne durch den Nebel zwar die Liftanlage sehen, aber noch nicht erkennen können, ob sie um diese Jahreszeit und vor allem bei diesem Wetter überhaupt noch in Betrieb ist.
Doch sie ist in Betrieb und wir sind derzeit die einzigen fahrwilligen Gäste. In einer knapp 20minütigen Fahrt geht es hoch. Wir fragen uns gerade, wie oft wir hier bereits hochgefahren aber auch hochgelaufen sind. Dreißig oder vierzig Mal bestimmt, fast immer bei sonnigem bzw. schönem Weiter, sogar einmal bei Regen aber soweit wir uns erinnern können noch nie bei diesen Temperaturen. Es ist ziemlich kalt, lt. Smartphone 7 Grad und weiter oben ist ein Wind, der sich auch von unserer Zwiebelschicht kaum merklich abschrecken lässt.

Oben angekommen geht es dann noch 10 Gehminuten (auch hier keine Angabe zur Länge des Weges sondern nur eine Laufzeit) bis zum Gedeonseck. Es gibt zwei Ausflugslokale hier oben. Zunächst das Gedeonseck und paar Minuten weiter der Vierseenblick. Dieser heißt so, weil der Rhein unten die größte Schleife seines Verlaufs schlägt und es dadurch von oben so scheint, als gebe es vier Seen.
Wir begnügen uns, wie meist, mit dem Gedeonseck



und sitzen erstmalig seit unserem ersten Besuch Anfang der 80er Jahre drinnen! Bei einem Kännchen Kaffee bzw. Milchkaffee wärmen wir uns für die Talfahrt.
In 4 km Entfernung erkennen wir deutlich einer unserer Lieblingshotels, nämlich das Jakobsberg Golf-Resort. Die Entfernung kennen wir genau, da wir uns erst letztes Jahr dort einquartiert hatten und zu Fuß zum Gedeonseck gewandert sind.

Zum Glück haben wir auch noch Regenjacken in unseren Rucksäcken,so dass wir kleidungsmäßig noch was draufsetzen können und sich die Talfahrt angenehmer gestaltet als die Bergfahrt.

Unten angekommen warten wir auf den Bus zurück zum Sonneneck.



Die Abfahrtszeiten sind übersichtlich und gut zu erkennen, allerdings muss man die Fußnoten genau studieren um festzustellen, wann der Bus nun wirklich und bis wohin fährt.



Zurück auf dem Campingplatz pausieren wir, bis das Restaurant öffnet. Wieder gibt es für mich Schnitzel und Anita weicht aufgrund der üppigen Größe der Portion diesmal lieber auf Gnocchi aus.

Nicht nur der Tag geht langsam zu Ende sondern wohl auch das Jahr, denn gestern und auch heute bereiten sich die Gänse auf den weiten Flug in ihr Winterquartier vor und üben daher, wie wir mal gelernt haben, einige Tage vorher schon mal den Formationsflug.



Bis dann, gute Nacht.

 
14.Oktober 2020: Sonneneck (Boppard) - Koblenz (Gülser Moselbogen)
Wir haben Zeit, müssen wir doch erst am Vormittag den Campingplatz verlassen. Also rüsten wir nach dem Frühstück langsam ab und machen uns auf den Weg zum gut 25 km entfernten Campingplatz Gülser Moselbogen, den wir noch nicht kennen. Er liegt, wie der Name es verspricht,  an der Mosel und hat im Internet durchweg sehr positive Bewertungen erhalten.
Wieder ein Campingplatz, den man nicht zufällig findet sondern gezielt suchen muss. Der Empfang ist freundlich, die Anlage wirkt sehr gepflegt, das Gesamterscheinungsbild ist so, wie wir es auf keinen Fall lieben: Der überwiegende Teil besteht aus Dauercampern, bei denen sich die Wohnwagen zu einem Wochenendhaus entwickelt haben und es sieht so aus, als sei deren Genese noch nicht bis zum Ende fortgeschritten.
Wir stehen mit einigen anderen Wohnmobilen eher als Exoten an einem etwas abgeschotteten Teil des großen Campingplatzes Seite an Seite.

Welche Dimensionen unser Camper hat erkennen wir daran, dass unser Wohnmobil in den letzten knapp 14 Tagen immer einer der größten war. In Amerika fahren wir einen noch größeren Camper und gehören da eher zur unteren Mittelklasse. So unterscheidet sich das Camping hierzulande von dort.

Wir sind nicht gerade begeistert und ärgern uns, dass wir statt Gülser Moselbogen nicht noch ein oder sogar zwei Nächte auf Sonneneck geblieben sind.

Wir überlegen, was zu tun ist.
Punkt 1: Wir werden hier nur eine Nacht bleiben
Punkt 2: Wir reservieren für die Folgenacht einen Platz auf den von uns ebenfalls nicht gerade geschätzten Campingplatz in Kasselberg. Jetzt wissen wir ja, wie alles funktioniert und Purismus hin oder her: Dort stehen wir immerhin direkt am Rhein. Denn hier am Gülser Moselbogen ist die Mosel nur in der Ferne durch Sträucher und Bäume zu erahnen.
Punkt 3: Wir machen heute einfach nochmal einen Saunatag im Contel. Aber: Wie kommen wir dahin? Wir könnten uns hier E-Bikes ausleihen. Oder wir gehen zu Fuß, rund 1,5 Stunden soll der Fußmarsch dauern.

Hin ist das kein Problem, aber zurück nach Saunen und Essen haben wir bestimmt keine Lust mehr.
Also planen wir, die E-Bikes auszuleihen. Das scheitert jedoch daran, dass die Rezeption exakt vor einer Minute in die Mittagspause gegangen ist. Damit scheitert auch unser Plan 2, nämlich Gas aufzufüllen.
Ich schlage vor, mit dem Wohnmobil zum Hotel zu fahren und Anita glaubt zunächst an einen Joke von mir, weil es dort doch kaum Parkplätze gibt.

Mir ist es mit einer gewissen Portion an Optimismus aber ernst und so kutschieren wir mit dem Bus Richtung Contel. Neben dem Hotel ist eine Industriegelände und hier finden wir zur Überraschung von Anita und bestätigtem Optimismus von mir einen leicht zugänglichen Parkplatz.
Das Hotel hat tatsächlich wieder Platz für uns in der Sauna und so genießen wir den Nachmittag bei 65 bis 90 Grad,



bevor es dann ins Restaurant zum Essen geht.

Die Speisekarte ist eine andere als die, die wir kennen und ist wahrscheinlich der Corona-Zeit bzw. der Tatsache geschuldet, dass kaum Gäste im Haus sind: Außer unserem ist nur ein weiterer Tisch besetzt.
Ist die Karte quantitativ auch ausgedünnt, qualitativ gibt es keine Abstriche.



Zurück auf dem Campingplatz erleben wir dann eine Überraschung. Im leichten Nieselregen und im Scheine unserer Taschenlampen-Apps der Smartphones wollen wir unseren Wagen mit Strom versorgen und stellen fest, dass die Steckdose Nr. 3, die für unseren Stellplatz gedacht ist, besetzt ist. Stattdessen ist Nr. 1 frei, die aber nicht funktioniert.
Es ist schon dreist: Da hat jemand einen defekten Anschluss aber statt um sich darum zu kümmern, nimmt er einfach eine andere Dose.
Wir klopfen beim Verursacher an und nach längerem Probieren und unter Nutzung eines Verlängerungskabels findet auch er zu Strom.
Das ist etwas, was uns in den USA noch nie, und hier schon mehrmals passiert ist: Zu weit entfernte Anschlüsse. Auf jeder elektrifizierten Campsite in Amerika ist der Anschluss immer direkt am Wagen.

Der Abend endet dann doch noch zufriedenstellend und friedlich und jetzt hoffen wir nur, dass uns die Heizung während der Nacht nicht verlässt.

Gute Nacht.
 
15.Oktober 2020: Gülser Moselbogen - Kasselberg
Wir setzen unseren Plan um und wollen heute abreisen. Da wir ursprünglich für zwei Nächte reserviert hatten ist uns klar, dass wir die zweite Nacht natürlich mit bezahlen müssen.
Wir räumen unseren Wagen nicht auf sondern um: Bevor wir nach Kasselberg fahren wollen wir die meisten Utensilien daheim vorbeibringen. Nur das Notwendigste soll an Bord bleiben.
Das dauert etwas, wobei wir beim Umräumen schon ziemlich viel Routine haben.

Nach dem Frühstück fahren wir noch "Dumpen", d.h. wir wollen das Greywater ablassen. Der Campground hat eine prinzipiell pfiffige Anlage, nur passen Anlage und unser riesiges Schiff nicht ganz zueinander.
Wir müssen einige Male auf dem kleinen Platz rangieren, um mit dem Auslass einigermaßen über dem Gulli zu stehen.
Allzuoft scheinen solche riesigen Fahrzeuge auch nicht hier anzukommen, denn wir haben einige Zuschauer. Jetzt komme ich wieder auf die USA zu sprechen: Hier würden wir mit diesem Fahrzeug erst gar nicht auffallen :-)

Während ich an der Rezeption die leere Gasflasche demontiere checkt Anita aus. Zu unserer Überraschung müssen wir die zweite Nacht gar nicht bezahlen. Und jetzt komme ich nochmals auf die USA zu sprechen: Hier hätten wir vorher bezahlt und das Geld nur im Einzelfall in den Nationalparks zurückerhalten.
Anita berichtet noch, dass sie auch beim Auscheecken sehr freundlich bedient wurde.

Der Gasflaschenwechsel geht sehr einfach von statten und dann begeben wir uns anfänglich auf eine Irrfahrt. Wir haben das Navi auf Landstraße gestellt, weil wir genügend Zeit haben um nach Köln zu kommen. Aber das Navi sucht sich die ausgefallensten Wege und wir durchfahren die kleinsten Dörfer mit den engsten Straßen.

Auf die Alternative "Google Maps" können wir nur bedingt zurück greifen, denn das eingebaute Navi berücksichtigt die Größe unseres Fahrzeugs und Google Maps hätte uns beispielsweise in den letzten Tagen einmal durch eine Unterführung geschickt, die wir nur als Cabrio verlassen hätten.

Irgendwann programmieren wir das Navi um und dann führt es uns auch gradliniger in Richtung Köln. Fast drei Stunden haben wir für die Tour gebraucht, die normalerweise über Autobahn in gut einer Stunde zu schaffen wäre. Aber wir haben ja Zeit.

Das Ausladen des Fahrzeugs geht verhältnsmäig schnell, da wir alles in großen Taschen verstaut hatten und wir in der Ladezone fast direkt vor unserer Wohnung einen Halteplatz gefunden haben.

Nach höchstens 15 Minuten geht es weiter nach Kasselberg. Es stehen immer noch dieselben drei Wohnwagen bzw. Wohnmobileauf den Platz wie am Sonntag.
Mit stark reduziertem Equipment, auf das Notwendigste reduziert, genießen wir den letzten Abend mit Wasser (Rhein) direkt hinter dem Wagen und weiterem Wasser von oben.
 
16. Oktober 2020: Kasselberg - Kerpen
Am Morgen führen wir noch die letzten kleinen Reinigungstätigkeiten durch: Waschbecken, Fußraum, Kühlschrank, Abwasserkassette, Kabeltrommel.
Gegen 9:30 Uhr sind wir an der Vermietstation und die Eigentümerin begrüßt uns gleich mit den Worten: "Diesmal kann ich Ihnen die Mietdauer nicht verlängern". Das würde bei uns auch nicht gehen, da der Urlaub nun endet.

Es gibt seitens der Vermietstation nichts an der Übergabe auszusetzen und man geht sogar noch vom eigentlichen Preis etwas runter. Schließlich ist es eine Win-Win-Situation, denn der Wagen hätte zwischenzeitlich auch nur rumgestanden.

Die letzten Utensilien werden vom großen Auto ins kleine umgepackt, z.B. Bettwäsche, Badutensilien, restliche Lebensmittel.



Außerdem zeigt uns die Vermieterin noch ein paar Kniffe, von denen es gut gewesen wäre, wir hätten sie vorher gewusst, z.B.  wie man die Gasanlage mit nur einem Knopfdruck von Flasche zu Flasche umstellt...

Wir gehen jetzt "um die Ecke" bei Miss Peppers amerikanisch frühstücken, lassen den Urlaub noch einmal Revue passieren und uns ein Fazit ziehen:

In einem Satz zusammengerafft: Anders als sonst aber trotzdem spitze!

Wetter:
Mit dem Wetter hatten wir ebenso viel Pech wie Glück: Es hat sehr viel geregnet und es war kühl. Vor zwei drei Tagen hörten wir, dass die Temperatur auf den Tag genau vor einem Jahr bei weit über 20 Grad lag. Trotzdem hatten wir Glück, weil wir alles, was wir uns vorgenommen hatten, auch machen konnten. Es gab immer trockene Zeitfenster, in denen wir Wandern oder uns Vorgenommenes ansehen konnten.

Jetlag:
Endlich haben wir am Ende des Urlaubs keine Zeitverschiebung. Anita bemerkt jedoch: "Na ja, aber wir kommen aus Bayern" :-)

Wohnmobil:
Das Wohnmobil hat es uns angetan: Es war zuverlässig, sehr gut verarbeitet, fast neu, sehr groß. Dass es auch Nachteile gegenüber den typisch amerikanischen Wohnmobilen gibt soll nicht verschwiegen werden. 
Gefahren hat es sich aber toll.

Straßen:
Das Befahren der deutschen Straßen mit einem solchen Straßenkreuzer erwies sich als weniger schwierig als befürchtet, liegt aber sicherlich auch an dem guten Handling des Fahrzeugs.

Kosten:
Die Kosten des Wohnmobils und der Stellplätze sind etwas höher als in Amerika, dafür hat der Wagen deutlich weniger geschluckt, exakt 11,9 Liter auf 100km statt 25-35Liter/100km in Amerika.

Essen:
Ja, das ist ganz anders gelaufen als üblich und geplant. In den USA kochen wir fast immer selbst wenn wir mit dem Wohnmobil unterwegs sind, weil wir es toll finden, draußen essen zu können. Gut, dass wir diesmal nicht viel draußen essen werden war uns auch vorher schon klar. Aber die Restaurants auf den Campingplätzen mit den WoMo-Schnitzeln war einfach zu verführerisch.

Und dass wir die Mietdauer absolut spontan verlängert haben, spricht ja auch dafür, dass uns alles gut gefallen hat.
Würden wir beim nächsten Mal was anders machen?
Im Moment wissen wir nicht, was wir anders machen müssten, außer vielleicht Werkzeug mitnehmen (Siehe Problem mit der Wasserversorgung) und bereits von unterwegs anrufen, falls wir die Mietdauer verlängern wollen.

Aber ansonsten: Alles gut!

Jetzt hoffen wir nur, dass ihr und wir gesund bleiben, dass sich die derzeitige Situation entspannt und wir schon bald wieder auf Tour gehen können, egal ob hier oder drüben.

Anita & Hartmuth
Oktober 2020